8.
Michael McLain lag neben seinem Pool und trug eine weitere Lage Sunblocker auf. Er konnte diese perfekte Hautfarbe, die seine Männlichkeit so vorteilhaft betonte, hier erzeugen, ohne seine Haut zu gefährden, indem er sein Gesicht der Sonne alle fünfzehn Minuten aus einem anderen Winkel präsentierte.
Aras Party würde für ihn anregend und qualvoll zugleich sein, wie wenn man mit einer Frau schläft, deren Körper makellos, deren Gesicht jedoch gewöhnlich ist. Genau das würde er ja auch in Kürze tun. Denn er hatte später am Abend eine Verabredung mit Adrienne.
Birth of a Star hatte ihm den Auftrieb gegeben, den er seit langem gebraucht hatte. Doch Michael McLain war weder dumm noch naiv. Er machte sich nichts vor. Für einen Mann seines Alters hatte er den Gipfel erreicht. Etwas Besseres würde er nie angeboten bekommen.
Die Zeit war reif, sein Image als Filmstar gegen eine andere Rolle auszutauschen. Und was hatte Michael McLain noch nie mit einer Frau gemacht?
Er hatte noch nie geheiratet.
Nun, in den 90er Jahren stand man wieder auf Familie. Hatte Adrienne ihm nicht gesagt, ihre Periode sei ausgeblieben? Diesmal gab es keine Abtreibung. Diesmal würde er heiraten und ein Baby bekommen. Er würde Vater werden. Wie kann man sein sechstes Lebensjahrzehnt besser beginnen?
Er verkniff sich das zufriedene Lächeln. Das erzeugte nur Falten. Direkt nach der Emmyverleihung würde er es durchsickern lassen, daß Adrienne das Double in Birth of a Star gewesen war. Vorher mußte er noch gewisse Gesichtskorrekturen an ihr vornehmen lassen. Dann konnte er seine Heirat mit ihr bekanntgeben. Welche Schlagzeilen!
Theresa O'Donnell trat aus ihrem Duschraum und schlang ein Handtuch um ihren alten Körper. Sie war müde, und die Vorbereitungen für den Abend hatten noch nicht einmal begonnen. Sie holte den von Estrella zurechtgelegten Lycrabody aus dem Ankleidezimmer. Es war eine Spezialanfertigung aus Paris und funktionierte wie ein Ganzkörperkorsett. Sie puderte sich und begann dann mit dem mühseligen Geschäft, den Body anzuziehen — ähnlich einer Wurstmasse, die in den Darm gepreßt wird.
Erschöpft setzte sie sich anschließend vor den Spiegel. Ihr Anblick flößte sogar ihr Entsetzen ein. Sie war einmal »The Loveliest Girl of the World« gewesen.
Aus ihrem Kinn waren mehrere geworden. Die Höhlen unter ihren Augen füllten nun Tränensäcke. Ihr Haar, nicht mal zu ihren Glanzzeiten ein Attribut ihrer Schönheit, wurde immer schütterer, eine Folge von vierzig Jahren Färben und Dauerwellen. Sie nahm eine Perücke und stopfte die grauen Haare darunter.
Als nächstes trug sie schichtweise Grundierung auf ihre schlaffe Haut auf.
Kevin erschien mit einem Glas Wodka. Er war eifersüchtig auf Robbie, der Theresa zu Aras Party begleiten sollte. Gehässig fragte er sie: »Soll ich dir einen Spachtel holen?« »Sehr witzig. Aber ich spreche nicht mit dir, bis du mir Candy und Skinny zurückgebracht hast.«
»Die habe ich nicht. Aber ich könnte mir denken, wo sie sind.«
Um vier kam Tante Robbie zu Theresa. »Wo ist sie?« fragte er Kevin. Der machte nur eine Kopfbewegung in Richtung auf das Schlafzimmer im ersten Stock.
Robbie ging nach oben. Ohne anzuklopfen öffnete er die Tür.
»Gütiger Himmel!« stöhnte er halblaut. Das Zimmer glich einem Schlachtfeld. Alle Vorhänge waren zugezogen. Im Halbdunkel sah Robbie Kleiderhaufen, ein Bett, von dem die Laken gerissen waren und einen aufgedunsenen Fleischhügel, der wie tot auf den Kacheln des Badezimmers lag. Theresa war nackt und schmutzig. Ihr graues Haar wirkte verklebt, wie das einer Straßendirne. So endet eine Legende, dachte Robbie. Er gestattete sich indessen nicht, bei dem Gedanken zu verweilen. Er mußte sich beeilen.
Nachdem er die Vorhänge aufgezogen hatte, wurde das Zimmer hell. Theresa stöhnte und wandte den Kopf ab.
Robbie zerrte Theresa vom Boden hoch und rief nach Estrella. Als das Mädchen kam, schrie es vor Entsetzen auf. »Suchen Sie ihr schwarzes Kleid, und bügeln Sie es. Sie braucht ein Paar lange weiße Handschuhe und Pumps.«
Estrella wühlte in den Kleiderhaufen.
»Theresa muß von Glück sagen, daß sie Sie hat, Estrella.« »Erst recht Sie, Mr. Robbie. Niemand würde mit ihr auf die Party gehen wollen. Sie sind ein guter Freund.«
»Ich habe keine Freunde«, schrie Theresa. »Keiner kann mich leiden.«
»Verdammt Theresa, nun reiß dich zusammen.« Er schüttelte sie. »Du hast gleich einen Auftritt.«
»Nein, nicht mehr. Sie werden es herausbekommen. Alle«, murmelte sie.
Robbie hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. »Theresa, du mußt nüchtern werden, und du mußt zu der Party gehen. Wenn du dich nicht zeigst, bist du ein für allemal erledigt. Das wird live gesendet. Verdammt, Theresa, ich will, daß du zu der Party gehst.«
»Aber Robbie«, schluchzte Theresa, »das kann ich nicht. Ich würde gedemütigt werden.«
»Nicht, wenn du nüchtern bist.«
»Lila wird dasein. Mit einem Preis. Sie wird mich umbringen«, flüsterte sie.
»Lächerlich! Seit wann hast du vor Lila oder sonst jemandem Angst?«
»Sie war so ein süßes Baby! Kerry hätte keinen Sohn großziehen können. Ich wollte keinen Sohn. Eine Tochter war genau das Richtige.«
»Sicher. Genau richtig.«
»Aber sie wird mich umbringen, wie sie Candy und Skinny umgebracht hat«, jammerte sie.
Robbie versuchte gar nicht erst, hinter den Sinn ihrer trunkenen Schwafeleien zu kommen. Doch die Puppen ließen ihn aufhorchen. Er spürte Gewissensbisse. Doch wie sonst hätte er mit Lila wieder Frieden schließen sollen? Nun waren die Puppen eben fort.
Dennoch stellte er die Frage: »Wovon sprichst du überhaupt, Theresa?«
Sie wich zum Bett zurück. »Ich habe es doch richtig gemacht, Robbie, nicht wahr? Ich habe ein Mädchen großgezogen. Ein süßes Mädchen. Doch nun haßt sie mich. Ich hätte es ihr nie antun dürfen.«
»Was?«
»So, wie ich sie großgezogen habe. Und daß ich sie gehaßt habe, weil sie so jung und schön war, und diese grässliche Serie, die ich mit ihr gespielt habe. Sie haßt mich deswegen. Sie will mich umbringen. Wie sie Candy und Skinny getötet hat. Sie hat meine beiden Babys getötet.«
»Theresa, was soll das?«
Langsam, als schmerzte jede Bewegung, kroch Theresa wieder vom Bett herunter, kniete sich auf den Boden und wühlte darunter herum.
Statt der leeren Flaschen, die sie dort hortete und einzelnen Schuhen, zog Theresa eine lange weiße Schachtel heraus, einen Sarg. Dann noch einen. Zwei Kindersärge. Robbie fröstelte wie Theresa. Wimmernd öffnete sie die Särge.
Robbie blickte hinein. Skinny war enthauptet worden, ihr Kopf zu Kleinholz zerhackt. Candys Gesicht verunstalteten tausende von Schnittwunden. Beide Puppen waren nackt, ihre Körper mit Farbe oder vielleicht auch Blut beschmiert. Und beide Puppen hatten an den entsprechenden Körperstellen kleine männliche Genitalien angenagelt bekommen.
Neil Morelli hatte keine Einladung zu Aras Party erhalten. Das wunderte ihn nicht. Mehr hatte ihn Rogers Anruf nach so langem Schweigen gewundert. Neil freute sich darüber. Er hatte viele Fragen auf dem Herzen, die ihm nur Roger beantworten konnte. Denn Neil wußte inzwischen, wer für seinen Misserfolg in Hollywood verantwortlich war.
Anfangs hatte Neil gezögert, Roger von seinem Plan, sich bei der Emmyverleihung einzuschmuggeln, zu erzählen. Doch Roger war so nett und väterlich, daß Neil ihm doch alles anvertraute. Und Roger stimmte Neil sogar zu und gab ihm Anweisungen, wie er seinen Plan durchführen konnte.
Roger war es, der ihm den Namen des Mannes sagte, der für die Einstellung der Türsteher verantwortlich war. Neil bekam die Stellung, weil er behauptete, einen Frack zu besitzen. Das stimmte zwar nicht. Doch mit Rogers Hilfe stahl er einen aus einem Kaufhaus, außerdem das entsprechende Hemd und die Fliege. Alles andere, was Neil noch brauchte, bekam er von seinen Kumpels in der Taxizentrale. Roger fuhr auch im Bus mit Neil zu der Veranstaltung. Sie waren noch einmal genau den Plan durchgegangen. Neil wußte nun, wo jeder saß und von wo aus man den besten Blick auf die Bühne hatte.
Sam Shields hatte diesmal eine persönliche Einladung von Ara bekommen, er würde nicht mehr nur als Aprils Begleiter hingehen.
Seit Birth of a Star diesen Erfolg einfuhr, galt Sam als begehrter Mann. Er konnte immerhin auf zwei erfolgreiche Filme stolz sein. April hatte ihm die Regie für drei weitere Filme angetragen. Doch dieses Angebot hatte Sam auch von Columbia erhalten. Er konnte nun frei wählen.
An diesem Abend trug er einen neuen Armani-Smoking. Er trat als Sieger auf.
Allerdings erwartete ihn auch ein Wiedersehen mit Mary Jane. Es war üblich, daß man nach der Übergabe des Preises bei Aras Party vorbeischaute. Natürlich hatte Sam vor, beizeiten zu gehen. Doch er wollte Mary Jane auf alle Fälle sehen. Er war bereit, ihr zu verzeihen, weil er sie zurückgewinnen wollte. Seit er an Sharleens Haus abgewiesen worden war, wollte er es mehr als je zuvor.
Und schuldete sie ihm nicht etwas? Mary Jane hätte nicht einmal eine einfache Rolle in einer Werbesendung bekommen, hätte er sie nicht damals in Jack and Jill herausgebracht. Für ihn, Sam, hatte sie sich den Operationen unterzogen. Manchmal war es schon seltsam, wie sich in dieser Stadt alles zusammenfügte.
Sam hoffte, daß Jahne die Auszeichnung bekam, weil sie dann in gehobener Stimmung sein würde und vielleicht eher geneigt, ihm entgegenzukommen.
Bevor er unter die Dusche ging, dachte er befriedigt darüber nach, wie sehr Jahne Moore ihn geliebt haben mußte, um so viele Schmerzen auf sich zu nehmen.
Monica Flanders wartete ungeduldig auf Hyram. Der sollte sie abholen. Hyrams Frau Sylvia war verärgert, daß sie nicht zu Ara Sagarians Party eingeladen worden war. Die Einladung hatte auf Hyram und Monica gelautet.
Monica betrachtete sich noch einmal im Spiegel. Sie erwartete noch mehr Publicity zu erhalten, noch mehr kostenlose Reklame als je zuvor. Gleichgültig, wer von den Frauen die Trophäe davontrug, alle repräsentierten Monicas Make-up. Doch Monica hoffte sehr, daß diese operierte Person nicht als Siegerin des Abends hervorging. Deren Vertrag gedachte Monica auf alle Fälle zu kündigen. Flanders hatte keine Verwendung für eine solche Frau.
Paul Grasso nahm noch einen Schluck Wodka und versuchte zum drittenmal, die Fliege richtig zu binden. Warum durfte man eigentlich nicht die fertiggebundenen tragen, die man nur unter dem Kragen einhaken mußte?
Dies war Pauls Abend. Er hatte es schließlich ohne Glück geschafft. Nur ungern erinnerte sich Paul an Aras letztjährige Party, bei der er sich hatte einschleichen müssen, damit er mit Marty ins Gespräch kam. An diesem Abend würde seine Entdeckung, Lily Kyle, die Empfängerin der begehrten Auszeichnung werden. Auf der anschließenden Party bei Ara kam Paul dann mit den echten Promis zusammen. Wie beim Roulette saßen nur die mit den hohen Einsätzen vorn am Tisch. Die Blindschleichen mit ihren Zwanzig-Dollar-Chips hielten sich im zweiten Glied.
Paul Grasso fühlte sich schon jetzt als Gewinner.
Sy fand es geradezu unverschämt, daß alle drei Schauspielerinnen, die für den Emmy nominiert waren, zu seinen Kundinnen zählten und keine von ihnen ihn eingeladen hatte, sie zu dem Ereignis zu begleiten. Er hatte darum mit Crystal vorlieb nehmen müssen, die wütend war, weil sie selbst keine Einladung erhalten hatte.
Zwar brauchte er keines dieser drei Mädchen, um seinen Triumph auskosten zu können. Doch es wäre eine nette Geste gewesen. Immerhin hatte er sie zu dem gemacht, was sie geworden waren. Er hatte sich auch bei den Skandalen hinter sie gestellt. Nur Sharleen hatte ihm telefonisch gedankt, als die Nominierung bekannt wurde. Jahne hatte ihm ein kühles Dankeschön geschrieben. Von Lila hatte er natürlich nichts gehört.
Doch solche Kleinigkeiten berührten Sy nicht weiter. Dieser Abend stellte für ihn den Höhepunkt seiner Karriere dar. Er wußte, daß er Ara bald ablösen würde. Wahrscheinlich kann ich schon im nächsten Jahr die Emmy-Party in meinem Haus ausrichten, dachte er zufrieden. Wenn ich tatsächlich größer bin als Ara Sagarian, und das munkelte man in L.A., will ich auch die Höhepunkte für mich in Anspruch nehmen, die mit meinem Einfluß einhergehen.
Sy hatte darüber selbstverständlich nicht gesprochen. Doch die Meldungen in der Sensationspresse hatten den Ruf der Mädchen eher gefördert als ihm geschadet. Der Aufruhr wegen Sharleen und Jahne würde schnell vorbei sein, verdrängt von neuerwachtem Interesse an ihnen. Und das brachte wieder höhere Quoten.
Er hoffte ein wenig, daß Sharleen oder Jahne an diesem Abend die Glücklichen sein würden. Sie konnten es brauchen, und es würde ihnen ein gewisses Gewicht gegenüber Lila geben.
Alles in allem konnte Sy an diesem Abend nur gewinnen.
April machte sich für den Abend zurecht. An diesem Abend wollte sie es einigen von ihnen heimzahlen. Sy Ortis und Marty DiGennaro gehörten zu ihren auserwählten Opfern. Denn April ging davon aus, daß Three for the Road überhaupt keinen Preis bekommen würde. Die schlechte Presse dieser Hure Jahne hatte dieser zwar ebensowenig geschadet wie Sharleen die Enthüllungen über die Geschwisterliebe. Doch April hatte so ihre Mittel, um das eine oder andere zu beeinflussen. Es stand zu erwarten, daß Les Merchant, der Chef des Senders, unter dem wachsenden Druck die Serie aus dem Programm nehmen mußte. Und April wußte sehr genau, was die Ratten in Hollywood taten, wenn ein Schiff zu sinken begann.
So hatte April Irons an diesem Abend vor, Ortis und Marty DiGennaro so übel mitzuspielen, wie die beiden es die ganze Zeit mit ihr gemacht hatten.
Marty DiGennaro summte vor sich hin, während er versuchte, seine opalbesetzte Krawattennadel zu befestigen. Über diese Summerei hatte sich seine Ex-Frau immer aufgeregt. An sie dachte er nur noch höchst selten. Er hoffte indessen, daß sie die Party an diesem Abend besuchte, damit sie ihn mit Lila am Arm sah.
Die Krawattennadel hatte einmal Gary Cooper gehört. Marty hatte sie so diskret wie möglich aus dem Nachlass des Schauspielers gekauft. Sally hatte sich darüber aufgeregt, weil er fand, daß Opale Unglück brachten. Doch Marty hielt von solchem Aberglauben nichts. Er hatte soviel Glück gehabt, wie er sich das nie hätte träumen lassen. Eine hinreißende Verlobte, die keinen anderen Mann ansah, eine Reihe Oscars und nun eine triumphale Karriere beim Fernsehen.
Aras Gäste trafen ein. Er war müde, geradezu erschöpft, von den vielen Vorbereitungen. Doch die lohnten sich. Nicht schlecht für einen alten Mann, dachte er. Statt unter der Erde zu ruhen oder zumindest zurückgezogen in Palm Springs zu leben und Golf zu spielen, veranstaltete er wieder ein rauschendes Fest, zu dem nur die Creme de la Creme der Industrie erschien.
Ara war noch immer ein Spieler. Ein Mann, der die Macht in Händen hielt und sich mit Trendsettern und Erfolgreichen umgab.
Lächelnd hinkte er dem ersten Gast entgegen.
»Vergiß nicht, mit wem du sprichst«, fauchte
Theresa Robbie an, der ihr keinen Tropfen Alkohol gab. »Ich brauche
etwas, um meine Nerven zu beruhigen.«
»Momentan hast du genügend Valium in dir, daß du abheben könntest, Theresa. Du brauchst nichts mehr.«
Theresa wollte nicht so leicht aufgeben. Als ob Valium ein Ersatz für Wodka wäre! »Du vergißt wohl eine äußerst wichtige Tatsache. Ich stehe unter einem unglaublichen Druck. In Kürze muß ich ihr gegenübertreten. Ich muß mich all diesen Menschen zeigen. Und das live im Fernsehen. Jesus! Das habe ich noch nie gemacht. «
»Das schaffst du schon«, versicherte er ihr väterlich.
Crystal erschien mit Sy — in miserabler Stimmung. Sie kannte die Regel, wonach man, wollte man anerkannt sein, einen Raum betreten und sogleich alle Augen auf sich ziehen mußte. Doch sie hatte Aras Empfangssaal betreten, und niemand hatte von ihr Notiz genommen.
Ihr Gesicht schmerzte. Sie glaubte keine zehn Minuten mehr lächeln oder diese unerträglichen Fratzen sehen zu können, ohne einen Krampf im Gesicht zu bekommen. Silver war da, Larry Gordon. Dawn Steel sah toll aus. Wo mochte sie das Kleid gekauft haben? Crystal wäre als Disney-Hure gegangen, wenn es von ihr verlangt worden wäre. Denn all diese Leute waren berühmt dafür, daß sie Berühmtheiten, deren Glanz zu verblassen begann, wieder zu neuem Glanz verhalfen. Darum mußte sie nett zu Dawn sein. Crystal erinnerte sich an einen Ausspruch ihres ersten Regisseurs, wonach die meisten davon ausgingen, daß das schwierigste Kunststück das Weinen auf Befehl sei. Dem hatte er widersprochen und behauptet, nicht Weinen, sondern Lachen, zumindest glaubhaft Lachen, sei wesentlich schwieriger. Damit hatte der Mann recht gehabt.
Plötzlich entdeckte Crystal den Hurensohn. Mit den winzigen Schrittchen, die ihr Kleid zuließ, ging sie auf Sam Shields zu. Die Mächtigen der Industrie scharten sich um ihn. Crystal beachteten sie nicht.
»Willst du nicht Hallo sagen?« fragte sie.
Er lächelte, höflich und leer, wie sie in letzter Zeit sehr häufig angelächelt wurde. »Hallo, Crystal.«
»Ich wollte mich bei dir bedanken, daß du meine Karriere ruiniert hast. Und ich wollte dir das geben.« Und sie spuckte ihn an.
Elizabeth schlenderte mit Larry herum. Warren saß neben Annette, Kevin Costner und Cindy plauderten mit Marvin Davis. Joe Pesci hatte sich mit Jack Nicholson und einer Flasche Wasser in eine Ecke des Raums zurückgezogen. Steven Seagal aß Sushi neben einem der zahlreich aufgestellten Fernsehapparate. Scott Rudin warf eine Serviette nach Paula Weinstein. Rob Reiner blieb an der Seite seiner Frau, einer der berühmten Singer Sisters.
Doch am Ende versammelten sich alle vor dem einen großen Fernseher in Aras Bibliothek, als ob sie sich dadurch, das sie sich um einen Fernseher scharten, mehr wie ein Teil des Publikums fühlen würden. Ara saß inmitten seiner Gäste. Auf dem Bildschirm erschien Theresa O'Donnell. Sie lächelte und öffnete einen Umschlag. In Aras Bibliothek wurde es absolut still. Ara hoffte sehr, daß nicht Lila die Gewinnerin wurde.
Theresa tat so, als habe sie Mühe, den Umschlag zu öffnen, damit die Spannung gesteigert wurde. Schließlich nahm sie eine Karte heraus und sagte: »Die Gewinnerin ist...«